Herrscht im Fußball Torflaute, so wollen viele Trainer diese durch ein Torschusstraining beenden. Dabei wird in der Regel nach einem festen Passmuster, ohne Gegenspieler und außerhalb des Strafraums aufs Tor geschossen. Effektiv? Wenn dies reale Bedingungen wären, dann ja - sind es aber nicht!
Der Trainingsschwerpunkt Torerfolg hat einen grundsätzlich anderen Ansatz. Hier wird zwar auch zahlreich aufs Tor geschossen, jedoch immer unter Gegnerdruck, unter Zeitdruck, in Tornähe und als Wettbewerb. Die nachfolgenden Spielformen kreieren spielnahe Situationen und ihre Wettbewerbe sorgen für einen Flow ("Gehirn im Lernmodus").
Zahlreiche Torschussmöglichkeiten erreicht man durch Überzahl- / Unterzahlspielformen in Tornähe. Aufgrund eines Spielers mehr können also viele Erfolgserlebnisse gesammelt werden. Dies führt zu einem Selbstbewusstsein, zu einer Sicherheit vor dem Tor. Der Zeitdruck (Simulation nachsetzende Gegenspieler) lehrt schnelle Entscheidungen zu treffen und die sich bietenden Torchancen sofort zu nutzen. Durch die Wettbewerbe erhalten die Angreifer zudem eine ernsthafte Gegenwehr, dessen Überwindung Freude bereitet.
Die simulierten Angriffe finden in kleinen Spielergruppen, wie 2-gegen-2, 3-gegen-2 oder 4-gegen-3 statt. In diesen überschaubaren Spielsituationen erfüllt man das wichtige Lernprinzip der Vereinfachung. Bei der Vereinfachung werden komplexe Dinge, in Teilinformationen zerlegt und auf ein möglichst einfaches Schema reduziert.
Die Spieler können so komplett ihre Lage erfassen und selbstständig Lösungen finden. Sie erhalten jedes Mal durch Tor oder Nicht-Tor ein unmittelbares Feedback über die Qualität ihrer Entscheidungen. Selbst erarbeitete Lösungen bleiben immer sehr präsent. Dies macht das spielerische Lernen aus (implizitem Lernen)!
Beim "Torerfolg" werden die Spieler also nicht mehr klassisch mit starren Passmustern malträtiert, die sie sich wie in einem Aufgabenkatalog merken müssen und dann in den jeweiligen Spielsituationen abzurufen haben. Diese Form des Lernens ist nicht mehr zeitgemäß, da ineffizient. Zum einen, weil Spielsituationen zu oft nicht klar einzuordnen sind und zum anderen, weil Entscheidungen immer unmittelbar zu treffen sind. Muss das Handeln erst überlegt werden, verpasst man die besten Gelegenheiten.
Die Spieler lernen beim "Torerfolg" nicht nur das Agieren mit Ball, sondern auch wie sie effektiv verteidigen. Um in den Spielformen die Wettbewerbe für sich zu entscheiden, ist es unerlässlich möglichst viele Angriffe abzuwehren. Die Verteidiger haben in dieser Trainingseinheit meist die undankbare Aufgabe in Unterzahl zu verteidigen. Druck auf den Ball, Absicherung (Staffelung) und nach außen lenken sind dafür einige wichtige Coachingpunkte. Lernt man in Unterzahl zu verteidigen, so ist es nur eine Kleinigkeit, dies auch in Gleich-, bzw. Überzahlsituationen umzusetzen.
Organisation & Ablauf (Warm-up)
Ein Quadrat (15 Meter) mit einem zentralen Hütchen C / F aufbauen. Dazu dreimal athletische Gerätschaften entsprechend der Zeichnung auslegen.
Zwei Spieler zum zentralen Hütchen und die restlichen Spieler verteilen sich an den vier Außenhütchen. Je ein Ball zu A, B und D.
Alle Bälle werden gleichzeitig gespielt. Die Bälle pendeln im Direktspiel zwischen den Positionen A und F, B und E, D und C hin und her.
Nach ihrem Pass wechseln die Spieler eine Position weiter. A mit athletischer Aufgabe nach B, B nach C, C mit athletischer Aufgabe zu D, D mit athletischer Aufgabe zu E, E zu F und F mit athletischer Aufgabe zu A.
Spieleranzahl: 14–22 Spieler.
Variation: Athletische Aufgaben variieren. Nach einer athletischen Aufgabe noch einen Kopfball absolvieren (Trainer wirft Ball zu).
Tipp: Kein Direktspiel möglich, weil die Position gegenüber noch nicht besetzt ist? Den Ball kurz zwischen den Innenseiten pendeln lassen.
Organisation & Ablauf (Spielform)
Ein Feld (32 x 16 Meter) aufbauen und je zwei Minitore an den Kopfseiten.
Zwei gleichgroße Teams bilden. Jedem Team eine Seite mit zwei Minitoren zuweisen und an den Feldecken verteilen. Jeweils ein neutraler Spieler zwischen den Minitoren (die Neutralen können auch weitere Trainer o. ä. sein). Der Trainer steht mit Bällen an der Mittellinie.
Der Teams greifen im Wechsel an, indem der Trainer ihnen einen Ball zuspielt. Es entsteht ein 2-gegen-2 auf vier Minitoren. Tore dürfen nur über die Neutralen fallen. Dabei muss dieser direkt spielen und das Tor muss auch direkt erzielt werden. Erobern die Verteidiger den Ball kontern sie. Je Angriff ein Zeitlimit von 15 Sekunden.
Nach jedem Durchgang vier neue Spieler. Die ausgeschiedenen Spieler bringen dem Trainer einen Ball und kehren auf ihre Position zurück.
Spieleranzahl: 10–22 Feldspieler.
Wettbewerb: Welches Team erzielt in fünf Minuten mehr Tore?
Variation: Seitenwechsel der Teams. Wird der Ball vor der "Linie A" erobert, muss das Kontertor nicht über den Neutralen fallen. Die Tore hinter der Grundlinie aufbauen (verhindert die Betätigung eines Feldspielers als Torwart).
Tipp: Staffelung der Verteidiger. Passweg zum Neutralen finden, bzw. provozieren. Nach dem Pass zum Neutralen, sofort den freien Raum vor einem Tor besetzen. Je nach Situation etwas Geduld haben. Schnelles Umschalten nach Ballgewinn (immer voll aktiv bis zur Spielunterbrechung).
Organisation & Ablauf (Spielform)
Ein Spielfeld doppelter Strafraum aufbauen. Gegenüber dem Großtor ein zweites Großtor stellen.
Zwei gleichgroße Teams bilden und je einem Tor zuweisen. Die Teams verteilen sich in drei Gruppen zu A–C. Alle Spieler A mit Ball.
Die Teams greifen im Wechsel an. Es wird immer mit einem Doppelpass zwischen Spieler A und Spieler C gestartet. Dann entsteht eine 3-gegen-2-Situation. Nach einer Spielunterbrechung verlassen alle Spieler, bis auf die Angreifer A / B das Feld. Diese sind nämlich Verteidiger für den nächsten Durchgang.
Die Spieler kehren mit Bällen zu ihren Positionen zurück.
Spieleranzahl: 12–24 Feldspieler.
Wettbewerb: Welches Team erzielt in zehn Minuten mehr Tore?
Variation: Für einen zweiten Durchgang befinden sich die Spieler C an der Außenseite gegenüber.
Tipp: 2-gegen-1-Situationen suchen und finden. Torschussmöglichkeiten konsequent nutzen. Abseitsregel gilt. Konter entschlossen zum Erfolg bringen. Die zwei Verteidiger sind immer die Spieler A / B.
Organisation & Ablauf (Spielform)
Für zwei Großtore ein Spielfeld (22 x 32 Meter) aufbauen.
Zwei Teams bilden und je einem Tor zuweisen. Die Teams verteilen sich gleichmäßig links und rechts neben ihrem Tor und je zwei Spieler ins Feld. Alle Bälle zu den Spielern neben den Toren.
Jedes Team besitzt im Wechsel 90 Sekunden Angriffsrecht (3-gegen-2-Überzahl). Team Gelb hat dieses zuerst. Das Spiel beginnt, indem einer der beiden Angreifer einen Pass von einem Mitspieler erhält und diesen klatschen lässt. Der Passempfänger dribbelt ins Feld. Nach Tor, Ballaus, Abseits verlässt ein Angreifer das Feld und der nächste Angriff beginnt. Für jeden Angriff zwei neue Verteidiger.
Bei einem Kontertor wechselt das Angriffsrecht sofort. Das bedeutet ein vormaliger Angreifer verlässt das Feld (so das zwei Spieler verbleiben) und einer der vormaligen Verteidiger fordert einen Pass von einem seiner Mitspieler neben dem Tor.
Spieleranzahl: 12–20 Feldspieler.
Wettbewerb: Welches Team erzielt zuerst zehn Tore?
Variation: Für einen zweiten Durchgang Seitenwechsel und das andere Team besitzt zuerst das Angriffsrecht.
Tipp: Durch die Möglichkeit mit einem Kontertor vorzeitig Angriffsrecht zu erhalten entsteht eine große Dynamik. Möglichst viele effektive Angriffe während des Angriffsrechts spielen. Laute und deutliche Kommunikation bezüglich der Wechsel. Genügend Bälle an den Toren. Staffelung der Verteidiger und die Angreifer vom eigenen Tor fernhalten. Nach jeweils 90 Sekunden gibt der Trainer ein lautes Signal für den Angriffsrechtswechsel. Ein schmales Feld für häufige Konterchancen abstecken.
Organisation & Ablauf (Spielform)
Für zwei Großtore ein Spielfeld (24 x 28 Meter) mit Mittellinie aufbauen.
Zwei Teams bilden und je einem Tor zuweisen. Die Teams verteilen sich gleichmäßig links und rechts neben ihrem Tor. Der Trainer steht mit Bällen neben dem Feld.
Team Gelb besitzt für fünf Minuten Angriffsrecht. Das Spiel beginnt, indem der Trainer zu einem der beiden Angreifer passt. Der Passempfänger dribbelt ins Feld und sein Mitspieler von der anderen Torseite startet ebenfalls ins Feld. Gleichzeitig kommen zwei Verteidiger vom anderen Team ins Feld. Es entsteht eine 2-gegen-2-Situation. Treffer dürfen nur in der gegnerischen Hälfte erzielt werden. Abseitsregel gilt. Ein Angriff muss nach 15 Sekunden abgeschlossen sein. Erobern die Verteidiger den Ball, kontern sie.
Nach einer Aktion verlassen die vier Spieler sofort das Feld, legen dem Trainer einen Ball hin und stellen sich bei ihrem Team an.
Spieleranzahl: 8–20 Feldspieler.
Wettbewerb: Nach fünf Minuten Wechsel des Angriffsrechts. Welches Team erzielt in zehn Minuten mehr Tore?
Variation: Eine Angreifergruppe und eine Verteidigergruppe stehen anstatt neben dem Tor an einem Hütchen A und von dort aus startet bei jedem Angriff ein Spieler je Team ins Feld. Den Ball erhalten ausschließlich die Spieler neben dem Tor zugespielt. Ein Angriff muss nach zehn Sekunden abgeschlossen sein.
Tipp: Die Angriffe simulieren Konter. Angriffe nicht abbrechen oder verzögern. Zentrale Ballposition anstreben und eine maximal breite Anspielstation schaffen. Direkt bei der ersten sich bietenden Torchance schießen. Die Torhüter tauschen die Tore beim Wechsel des Angriffsrechts.